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Camille Graeser

Zeichnungen und Druckgrafik

Camille Graeser hat in seinem künstlerischen Werk eine ganz eigene, spielerische und poetische Form der Konkretion entwickelt. Der gebürtige Schweizer Graeser wuchs in Stuttgart auf und hatte schon eine beachtliche Karriere als Graphiker, Designer und Innenarchitekt hinter sich, als er Deutschland 1933 verließ, um sich in Zürich nieder zu lassen. Dort knüpfte er Kontakte zu gleichgesinnten Künstlern und wurde im Laufe der Zeit eines der führenden Mitglieder der "Zürcher Konkreten". Anfang der 1940er Jahre begann Graeser sich mit der Malerei zu befassen. Bewusst verzichtete er wie die anderen Künstler der Gruppe - Max Bill, Verena Loewensberg, Richard Paul Lohse - in seinen Werken auf jeglichen Bezug zur sichtbaren Wirklichkeit und entwickelte eine rein geometrische Formensprache.

In der Ausstellung werden achtzehn Zeichnungen gezeigt, die als autonome, bildhafte Schöpfungen zu verstehen sind, im Gegensatz zu den Entwürfen für seine Gemälde und Druckgrafiken. Sein zeichnerisches Werk darf den Gemälden gegenüber als gleichwertig betrachtet werden. Hier kam er zu gänzlich anderen gestalterischen Lösungen. Die ausgestellten Druckgrafiken spiegeln sein malerisches Werk wider, dem analytische Regeln und rationale Ordnungsprinzipien zugrunde liegen. Er untersuchte in verschiedenen Serien die Quantitäten und Qualitäten von Farbe und Flächenvolumen. Die farbintensiven und kraftvollen Serigrafien korrelieren zwar mit den Bildthemen und Werkgruppen seiner Malerei, doch kam er in dieser Drucktechnik zu Ergebnissen, die sich wiederum auf die Komposition und Farbsetzung seiner Gemälde auswirkten. In reiner Flächenhaftigkeit setzt Graeser seine rechtwinkligen Farbstreifen und -felder, in Beziehungen, in Spannungen, in differenziert ausgewogene Verhältnisse zueinander. Er hat metaphorisch seine Arbeit als optische Musik bezeichnet, wenn er äußerte, dass die konkrete Kunst nicht nur nachschaffend, sondern unabhängig selbstschöpferisch sei. Sie sei deshalb der Musik gleichzustellen, denn sich schaffe sinfonische Klänge für die Augen. Die Ziele seines Kunstschaffens hat er wie folgt definiert:


KONKRET HEISST VERZICHT AUF DARSTELLUNG EINER OPTISCHEN GEGENSTANDSWELT IN DER KUNST.


KONKRET HEISST EINE NEUE, KLARE BILDWELT GESTALTEN.


KONKRET HEISST BAUEN, KONSTRUIEREN UND ENTWICKELN VON RHYTHMEN AUF GEOMETRISCHER GRUNDLAGE.


KONKRET IST STRENG LOGISCHES SCHAFFEN UND GESTALTEN VON KUNSTWERKEN, DIE EIGENGESETZLICHKEIT HABEN.


KONKRET IST DAS SPIEL MIT MASS UND WERT VON FARBE, FORM UND LINIE.


KONKRET HEISST AUSSCHALTUNG DES UNBEWUSSTEN.


KONKRET IST DER SICHTBAR GESTALTETE MALERISCHE KLANG, ÄHNLICH DER MUSIK.


KONKRET HEISST REINHEIT, GESETZ UND ORDNUNG.


(Aus: abstrakt/konkret Nr. 1, Zürich 1944.)



Die Ausstellung entstand in Kooperation mit der Camille Graeser-Stiftung.

Die galerie linde hollinger bedankt sich für die gute Zusammenarbeit.

 

1892   geboren in Carouge / Schweiz
1898   nach dem Tod des Vaters Übersiedelung der Familie nach Stuttgart
1911-15  

Ausbildung in der Fachklasse für Möbelbau und Innenarchitektur, Kunstgewerbeschule Stuttgart

1917   Eröffnung eines eigenen Ateliers für Innenarchitektur, Grafik und Produktgestaltung in Stuttgart
1918-19   Privatschüler von Adolf Hölzel in Stuttgart
1933   Übersiedelung nach Zürich
1937–38   erste konkrete Ölbilder und Holzreliefs
1937   Mitglied der Künstlergruppe Allianz – Vereinigung moderner Schweizer Künstler, Zürich
1975   Kunstpreis der Stadt Zürich
1980   gestorben in Wald / Kanton Zürich

 

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