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Rita Rohlfing und Heiner Thiel - The Power of Color - Galerie Linde Hollinger Ladenburg - Ausstellung
 

Ausstellungsdauer 27.04. - 22.06.2024

The Power of Color

Rita Rohlfing und Heiner Thiel
Installation, Wandobjekte und Reliefs

Vernissage

Sa, 27.04.2024, 18-21 Uhr,
Die Künstler*innen sind anwesend

Die galerie linde hollinger zeigt in der Aussstellung 'The Power of Color' Bildobjekte und Installationen von Rita Rohlfing und Heiner Thiel. Das bildnerische Mittel Farbe, und zwar die einzelne Farbe, steht im Mittelpunkt der künstlerischen Auseinandersetzung beider Kunstschaffenden. In der Moderne ist die Farbmalerei zu einem eigenen Gattungsbegriff in der Neueren Kunstgeschichte geworden, wie etwa die Porträt- oder Landschaftsmalerei. Farbe ist in diesem Kontext als ein Absolutes definiert und zu verstehen:


„Konkrete Malerei, nicht abstrakte, weil nichts konkreter, nichts wirklicher ist als eine Linie, eine Farbe, eine Fläche. (…) In der Malerei ist nichts wahr ausser der Farbe. Die Farbe ist eine konstante Energie, sie bestimmt sich durch den Gegensatz zu einer anderen Farbe, eine Fläche. Die Farbe ist die Grundsubstanz der Malerei; sie bedeutet nichts als sich selbst“, wie es Theo van Doesburg formulierte.


Die Wirkkraft der Farbe wird zum Ausgangspunkt der künstlerischen Gestaltung, wenn Rita Rohlfing in der galerie linde hollinger den Raum mit der Fensterfront zur Hofseite in eine Installation aus Farbe und Licht verwandelt. Folien in verschiedenen Rottönen werfen ihr farbiges Licht auf silberne, reflektierende Flächen. In den drei Dimensionen des begehbaren Bildes ist dem Betrachter die Möglichkeit geboten, sich ganz und gar auf das Phänomen Farbe und dessen Wirkung auf Körper und Geist einzulassen. Dieses Environment könnte man als Einladung zu einem psychisch-physischen Experiment verstehen, wie es die Performancekünstlerin Marina Abramović in ihren 'Methoden – Anleitung zu einem Neustart' beschreibt. In einer ihrer Übungen gibt sie die Instruktion, eine Primärfarbe reglos sitzend zu betrachten, womit auf eine veränderte Wahrnehmung und neue Erfahrung abgezielt werden soll. Eine modifizierte Anweisung dazu könnte lauten, Rita Rohlfings Installation in aller Ruhe Schritt für Schritt zu erkunden und Augenblick für Augenblick zu betrachten. Vielleicht nimmt der Schauende wahr, „wie alte Vorstellungen neuen Sichtweisen weichen.“ Wesentlich seien vor allem die Vibrationen der Farbe und deren Wirkung auf das körperliche und emotionale Befinden. Bei einem kontemplativen Schauen und der intrinsischen Motivation, sich zu bewegen, sei die Farbe die einzige Konstante, alles andere sei im Fluss, so die Aktionskünstlerin. In Rohlfings Environment scheinen durch die Reflexionen und Transparenzen von Farbe und Licht die Koordinaten der Räumlichkeit, wie wir sie kennen und in der wir uns normalerweise sicher von A nach B bewegen, teilweise aufgehoben zu sein. Sie erzeugen eine situative Irritation, die darüber hinaus auch eine philosophische Fragestellung aufwerfen könnte: Inwieweit sollten wir unsere Erfahrungen und die daraus gewonnenen Standpunkte und Sichtweisen sowohl real als auch ideell immer wieder hinterfragen und gegebenenfalls revidieren?


Irritierend sind auch die Wandobjekte aus Rohlfings Serie 'secret spaces'. Auf den ersten Blick scheint es sich um Reliefs zu handeln. Doch weit gefehlt! Die scheinbare Plastizität ist illusorisch und allein der Konzeption und Gestaltung geschuldet. Die völlig plane Fläche simuliert ein räumliches Objekt, dessen spitze und stumpfe Winkel formbestimmend sind. Der Eigenfarbe des Aluminiums wird eine weitere Farbe auf der größeren Fläche kontrastierend gegenübergestellt. Die Lackierung wurde in mehreren Schichten aufgetragen und geschliffen. Die Oberflächenstruktur ist somit leicht porös und wirkt samtig. Da sich die Lackfarbe aus verschiedenen farbigen Pigmenten zusammensetzt, erzielt Rohlfing durch diese Technik je nach Standort des Betrachters und nach Einfall des Umgebungslichtes ein Aufschimmern verschiedener Farbtöne, was insgesamt gesehen eine Belebung der Farbfläche evoziert.


Rohlfings Werkgruppe 'color spaces' hat dagegen etwas Geheimnisvolles. Wesentlich für diese Arbeiten ist die Ambivalenz von Form und Nichtform. Das Rechteck des Tafelbildes zieht die Künstlerin in die dritte Dimension. In diesen räumlichen Wandobjekten zeigen sich Farbe und Nichtfarbe. Welche Trägermaterialien die Künstlerin verwendet hat und wie sie in diesem Raumgebilde angeordnet wurden, wird durch die Verwendung von milchigem Glas undeutlich und verklärt. Das 'Wie' im Inneren dieser Raumplastik bleibt ein Geheimnis, was so von der Künstlerin bewusst intendiert wurde. Die Valeurs der Farbe und die Hell-Dunkel-Kontraste werden somit zu immateriellen Phänomenen, die sich im Zusammenspiel von Licht und Perspektive permanent ändern. Auch hier wird die Rezeption des Betrachters mehr auf die Wirkung visueller Impulse, die vom Kunstwerk ausgehen, fokussiert und weniger auf ein analytisches Begreifen und Verstehen bildnerischer und kompositorischer Mittel.


Die Wandobjekte von Heiner Thiel ziehen den Betrachter ebenfalls in ihren Bann, da auch hier die einzelne Farbe in Interaktion mit Licht und Perspektive einerseits der Intention seines eigenen Werkverständnisses und andererseits der Definition der Radikalen Malerei entspricht: Geometrische Formen, wie das Quadrat oder das Rechteck, aber auch freie Formen aus Aluminium, die er sowohl dünn- als auch dickwandig ausführt, biegen sich konkav nach vorne in den Realraum, so dass auch das Metall an den Rändern und der gekrümmten Rückseite weiterhin zu sehen ist. Die Wölbung dieser Reliefs ist nicht zufällig, sondern es sind mathematisch berechnete Segmente gedachter Kugeln.


Die sog. Eloxalfarbe, die Heiner Thiel verwendet, wird durch ein besonderes technisches Verfahren aufgetragen, wodurch sie gleichmäßig monochrom die Innenfläche des Segments bedeckt. Die Größe seiner Farbobjekte variiert von gerade mal 15 auf 15 Zentimeter bis zu eineinhalb Quadratmeter. Aus der Formgebung und der Objektgröße wird auch eine Tiefe gewonnen, die auf die stereometrische Figur der Kugel schließen lässt und deshalb progressiv zunimmt. Die Wandobjekte reichen in die dritte Dimension, wodurch sie je nach Distanz mehr oder weniger einen Farbraum mit lichten und verschatteten Partien präsentieren.


Die ausgestellten Bildobjekte von Rita Rohlfing und Heiner Thiel - so unterschiedlich sie auch sein mögen - sind eher dynamisch und weniger statisch. Sie laden zu einem sukzessiven Sehen ein, weil sie sich unter den Veränderungen der Lichtverhältnisse und den verschiedenen Blickrichtungen des Schauenden einer optischen und kognitiven Eindeutigkeit immer wieder zu entziehen scheinen. Mit ihrem Kunstschaffen appellieren beide Künstler eher an ein sinnliches Empfinden und weniger an ein analytisches Begreifen.


(Dirk Martin)


Unsere Öffnungszeiten:
Do – Sa, 13 - 17 Uhr und nach Vereinbarung.
68526 Ladenburg, Preysingstraße 2
Mob. +49 176 31723842

In den Auf- und Abbauphasen zwischen den Ausstellungen ist die Galerie geschlossen. Falls Sie uns in dieser Zeit besuchen möchten, bitten wir Sie, einen Termin mit uns zu vereinbaren

 

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